Auszug aus dem Obermain Tagblatt 2012, Autor: Stefan Lutter
Selbst in Modschiedel, wo der Glaube noch groß geschrieben wird, war die Pfarrkirche während eines Abendgottesdienstes am Ostermontag wohl selten so gefüllt wie vorgestern. Grund für den außergewöhnlich guten Besuch war die Verbindung der kirchlichen Feier mit dem 80. Geburtstag von Pfarrer Erhard Meissner, der bis zu seinem Ruhestand 31 Jahre lang in dem Dorf gewirkt hatte.
„Das Ziel, 80 Jahre alt zu werden, habe ich erreicht“, stellte Pfarrer Meissner am Ende des Gottesdienstes ganz nüchtern fest. Und dies sei ein Anlaß, um zu danken: sowohl Gott, der ihn „auf dem Weg geführt hat, auf dem ich eigentlich sehr zufrieden war“, als auch den Gläubigen, weil sie so zahlreich zur Feier erschienen. Allerdings mischte sich auch eine Portion Wehmut in seine kurze Ansprache: „Leider ermöglicht es meine Gesundheit nicht, die Feier so zu gestalten, wie ich es eigentlich vorgesehen hatte“, bedauerte Meissner, der darum gebeten hatte, tagsüber von Besuchen abzusehen, und der den von Pfarrer Sebastian Palapparampil und dem aus Modschiedel stammenden Geistlichen Rat Baptist Schmitt zelebrierten Gottesdienst auf einem Stuhl neben dem Altar sitzend verfolgt hatte.
Wie groß die Wertschätzung für den beliebten Geistlichen, der sich seit fünf Jahren im wohl verdienten Ruhestand befindet, nach wie vor ist, bewiesen zuvor die kleinen und großen Gratulanten. Die „Bergzwerge“ des katholischen Kindergartens hatten ein Singspiel vorbereitet, das mit der Übergabe mehrerer Geschenke (darunter sogar ein Geburtstagskuchen) verbunden war und an dessen Ende jedes Kind dem Pfarrer eine Rose brachte. Die Ministranten aus allen Teilen des Pfarrgebietes wünschten in Reim- und Liedform Glück und hatten eine Fotocollage gebastelt.
Die Laudatio auf Erhard Meissner hielt Pfarrgemeinderatsvorsitzender Günter Herold, der sowohl des Werdegang des Pfarrers nachzeichnete, als auch dessen herausragende Verdienste nachzeichnete: Nicht nur habe Meissner in seinen mehr als drei Jahrzehnten als Modschiedler Pfarrer „unzähligen Menschen mit kurzen aber treffenden Worten die Frohe Botschaft verkündet, mit ihnen die Eucharistie gefeiert und Sakramente gespendet“, befand Herold. Ohne Schulden zu machen, habe Meissner auch alle Kirchen, Kapellen, das Pfarrhaus und den Kindergarten renoviert.
Unter seiner Regie wurden die betagten Eisenglocken der Pfarrkirche durch fünf neue Bronzeglocken ersetzt; der Pfarrer selbst spendete die dritte Glocke, die dem Heiligen Erhard geweiht ist. Auch spendierte er den Friedhofsbrunnen, der das Gießen der Gräber erleichert. Darüber hinaus machte sich der Jubilar als Historiker verdient. Für das bislang größte Fest der Pfarrgemeinde – das 600-jährige Bestehen im Jahr 1982 – erstellte er eine Festschrift, aus der auch heute noch gerne zitiert wird. Herold zufolge handele es sich um „eine Chronik, die ihresgleichen sucht. Noch nie wurde die Geschichte der Pfarrei Modschiedel so ausführlich durchforscht wie damals“.
Mit dem Worten „Sie haben nicht nur ihre Pflicht getan, sondern waren mit Leib und Seele in unserer Pfarrgemeinde tätig“, schloss der Pfarrgemeinderatsvorsitzende seine Ausführungen. Umso größer sei die Freude im Ort darüber, dass Pfarrer Meissner das Pfarrhaus als „Seniorenresidenz“ ausgewählt habe.
Namens der Arnsteiner Pfarrei, wo der Jubilar von 1979 bis 2003 als Pfarradministrator tätig war, bedankte sich Pfarrgemeinderatsvorsitzende Birgit Schwarzmann mit Blumen und einem Präsent. Die Zeit sei „für Sie eine zusätzliche Belastung, für uns aber ein Segen gewesen“. Pfarrer Sebastian, der als Nachfolger Meissner die Pfarreien Weismain, Arnstein und Modschiedel betreute, hatte in seiner Predigt anhand des Gedichtes „Spuren im Sand“ auf die Spuren hingewiesen, die der Jubilar hinterlassen habe. Auf diesen Gedanken bezog sich auch der Weismainer Bürgermeister Udo Dauer in seinem Grußwort: Pfarrer Meissner, der 2007 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde, dürfte „mit Fug und Recht von sich behaupten, den Jura geprägt zu haben“.
Beim kurzem Gang von der Kirche zur Gastwirtschaft Deuber standen die Ministranten und die Kindergartenkinder Spalier, wobei letztere Luftballons mit persönlichen Wünschen für den Pfarrer steigen ließen. Im Gaststätten-Saal setzte sich der Gratulationsreigen fort. Zahlreiche Vereine und Pfarrangehörige überbrachten ihre Glückwünsche, während die Modschiedler Blasmusik ein Geburtstagskonzert spielte. Allzu anstrengend war das Händeschütteln für den Pfarrer jedoch nicht. Durfte er doch im elektrisch verstellbaren ledernen Fernsehsessel sitzen, den ihm die Pfarrgemeinde als Dankeschön für seine über 30-jährige Tätigkeit geschenkt hatte.
Vita
Erhard Meissner wurde am 9. April 1932 als erstes von vier Kindern der Bauernfamilie Meissner in Oberadersbach im Sudetenland geboren. Von 1938 bis 1945 besuchte er die Volksschule in Adersbach, bevor die Familie 1946 vom elterlichen Bauernhof vertrieben wurde und in der Nähe von Altötting Zuflucht fand. Dort beendete Meissner die Volksschule und begann eine Lehre als Betriebsschlosser. Drei Jahre später zog es ihn wieder auf die Schulbank, 1958 absolvierte er das Abitur am Gymnasium für Spätberufene in Benediktbeuern. Nach drei Jahren im pädagogischen Praktikum im Bamberger Canisiusheim und einem vierjährigen Theologiestudium in Benediktbeuern folgte 1965 die Priesterweihe im Augsburger Dom. Zunächst wurde er als Präfekt im Canisiusheim und für die seelsorgerische Aushilfe in Oberköst bei Burgebrach eingesetzt. Seine Tätigkeit in Modschiedel begann im Jahr 1976 und dauerte bis zu seinem Ruhestand im Jahre 2007. Damit ist Erhard Meissner nicht nur „letzte Modschiedler Pfarrer“, wie er sich selbst bereits bezeichnete, weil die Pfarrei seit der Reform der Seelsorgebereiche von Weismain aus verwaltet wird. Die 31 Jahre sind auch „Rekord“ für einen Pfarrherrn in Modschiedel – kein Geistlicher vor ihm wirkte in der 630-jährige Historie der Gemeinde über einen so langen Zeitraum wie er.